16. Mai 2024
IG Metall Schweinfurt nach Gespräch mit Minister Aiwanger
„Es ist naiv zu glauben, dass der Markt alles richtet. Die Politik muss aktiv fördern und lenken.“
Der Besuch von Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger bringt aus Sicht der IG Metall Schweinfurt nicht die jetzt nötigen Fortschritte für die Zukunft des Industriestandortes Schweinfurt-Main-Rhön. Dabei ist die Situation für die Industriearbeit in der Region sehr kritisch.

„Es ist naiv zu glauben, dass der Markt alles richtet. Die Politik muss aktiv fördern und lenken“, sagt Thomas Höhn, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Schweinfurt, nach dem Gespräch mit Aiwanger in der IHK-Geschäftsstelle, an dem unter anderem auch Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé teilgenommen hat. „Außer Kritik an der Arbeitsmoral in Deutschland und Schuldzuweisungen in Richtung Ampel-Regierung in Berlin oder in Richtung Europäischer Union haben wir als IG Metall relativ wenig Konkretes für den Industriestandort Schweinfurt-Main-Rhön gehört.“

Der Freistaat muss auch liefern, nicht nur ankündigen

Konsens gab es bei dem Gespräch bei der Problematik der zu hohen Strompreise und der Notwendigkeit deutlich mehr in dezentrale erneuerbare Energien zu investieren. „Hier muss der Freistaat aber auch liefern und nicht nur ankündigen – am besten ganz konkret für Schweinfurt und die Region Main-Rhön“, betont Thomas Höhn. Die IG Metall Schweinfurt begrüßt das Zustandekommen des Runden Tisches bei der IHK. „Man hat gemerkt, dass Sichtweisen unterschiedlich sind, trotzdem ist es wichtig, dass man nach gemeinsamen Lösungen für die Zukunftsfähigkeit des Industriestandortes sucht.“

Abbau und Verlagerungen sind keine Zukunftskonzepte

Die Politik – in Bund und Land – muss aus Sicht der IG Metall jetzt zeigen, wie sie die Investitionen für den Jahrhundertumbau der Industrie hin zu einer klimaneutralen Produktions- und Wirtschaftsweise finanzieren und flankieren will. Auch die Arbeitgeber müssten umdenken: Abbau und Verlagerungen sind keine Zukunftskonzepte. Es braucht Mut, klare Strategien und Investitionen vor Ort sowie einen Pakt zur Sicherung der hiesigen Standorte. „Dass wir als IG Metall dazu bereit sind, die gemeinsamen Nenner für die Zukunft des Industriestandortes Schweinfurt-Main-Rhön zu suchen, haben wir beim Gespräch mit Minister Aiwanger unterstrichen“, betont Höhn.

Denn die Situation ist ernst: Wie bereits berichtet, könnte es am ZF-Standort in Schweinfurt zu einem tröpfchenweisen Abbau von mehr als 2.000 Arbeitsplätzen kommen. Bei SKF wurden in den vergangenen 18 Monaten bereits 500 Arbeitsplätze sozialverträglich abgebaut. Für 2024 und 2025 ist bei SKF ein Überhang von insgesamt weiteren 400 Beschäftigten prognostiziert. Bosch Rexroth will bis spätestens Ende 2028 bis zu 240 Stellen am Standort Schweinfurt und dem Werksteil in Volkach sozialverträglich abbauen. Bei Schaeffler wird am Standort Schweinfurt aufgrund sinkender Auslastung ein Freiwilligenprogramm gestartet, mit dem 50 Personen aus dem indirekten produktionsnahen Bereich ausscheiden sollen. Bei Valeo in Bad Neustadt an der Saale werden bis Ende Juni 310 der 510 Beschäftigten im Elektromotorenwerk ihren Job verlieren. Die Produktion wird nach Polen verlagert.

Initiative der IG Metall Schweinfurt: „SOS Kugellagerstadt“

Die Beschäftigten wollen diesen schleichenden Arbeitsplatzabbau nicht hinnehmen: Ein eindrucksvolles Zeichen für die Zukunft der Industriearbeit in Schweinfurt und Umgebung hatten über 5.000 Beschäftigte beim Aktionstag der IG Metall am 18. April unter dem Motto „SOS Kugellagerstadt“ auf dem Marktplatz in Schweinfurt gesetzt.


Link zum Artikel