SOS Kugellagerstadt
Aktionstag am 18. April auf dem Marktplatz in Schweinfurt

Die IG Metall Schweinfurt ruft für den 18. April 2024 unter dem Motto „SOS Kugellagerstadt – Zukunft für Industriearbeit in Schweinfurt“ zu einem Aktionstag auf. Los geht es ab 10.30 Uhr auf dem Marktplatz in Schweinfurt. Erwartet werden zu dem Aktionstag mehrere Tausend Beschäftigte.

9. April 20249. 4. 2024


„Schweinfurt und Umgebung brauchen jetzt eine Offensive. Dieses Land braucht jetzt eine Offensive“, sagt Thomas Höhn, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Schweinfurt. „Wir wollen aufstehen, damit hier auch in Zukunft Industriearbeit angesiedelt wird. Daher rufen wir SOS Kugellagerstadt aus“, betont er. „Wir sollten in der Region ein gemeinsames Interesse daran haben. Denn der industrielle Kern ist es, der unseren Wohlstand und den jetzigen Lebensstandard über viele Jahrzehnte hinweg mit gesichert hat.“ Davon profitieren auch Handwerk, Einzelhandel und Dienstleistungsbetriebe – zum Beispiel durch Aufträge für die Industrie und die Kaufkraft der Beschäftigten.

Auch Schaeffler will Stellen abbauen

Wie angespannt die Situation ist, zeigt ein Blick in die Industriebetriebe der Region: Am ZF-Standort in Schweinfurt könnte es zu einem tröpfchenweisen Abbau von mehr als 2.000 Arbeitsplätzen kommen.

Bei SKF wurden in den vergangenen 18 Monaten 500 Arbeitsplätze sozialverträglich abgebaut. Diese Arbeitsplätze sind für die Region bereits verloren. Für 2024 ist bei SKF ein Überhang von 200 Beschäftigten prognostiziert, für 2025 von weiteren 200 Beschäftigten.

Bosch Rexroth will bis spätestens Ende 2028 bis zu 240 Stellen am Standort Schweinfurt und dem Werksteil in Volkach sozialverträglich abbauen.

Bei Schaeffler wird am Standort Schweinfurt aufgrund sinkender Auslastung ein Freiwilligenprogramm gestartet, mit dem 50 Personen aus dem indirekten produktionsnahen Bereich ausscheiden sollen. Die Zahl sollte ursprünglich weit höher liegen. Um den Abbau deutlich zu reduzieren, wurde für rund 700 Schaeffler-Beschäftigte in diesem Bereich bis Jahresende eine Arbeitszeitabsenkung auf 32 Stunden in der Woche vereinbart. Hinzu kommt, dass ein Großteil der Befristungs- beziehungsweise Leiharbeitsverhältnisse nicht verlängert werden soll.

Bei Valeo in Bad Neustadt an der Saale werden bis Ende Juni 310 der 510 Beschäftigten im Elektromotorenwerk ihren Job verlieren. Die Produktion wird nach Polen verlagert. Der Anfang Februar beschlossene Interessensausgleich sieht zudem die Stilllegung des Musterbaus sowie weiterer Bereiche vor.

Mehr Mitbestimmung bei Neuansiedlungen

Thomas Höhn, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Schweinfurt, hält dagegen: „Wir verlangen von den Unternehmen ein klares Bekenntnis zu den Standorten in der Region. Der Erfolg der vergangenen Jahre hat im Wesentlichen mit den Menschen zu tun, die hier ganz viel Know-how, Erfahrung, Einsatzbereitschaft und Lebenszeit eingebracht haben, um die Unternehmen erfolgreich zu machen. Das macht die Region für Industriearbeit so attraktiv und daraus entsteht auch Verantwortung. Wir erwarten von den Unternehmen, dass sie Entscheidungen für die Zukunft transparent und unter Beteiligung der Beschäftigten diskutieren. Wir wollen mehr Mitbestimmung bei der Vergabe von Neuansiedlungen, von Investitionen und Beschäftigung in Deutschland.“

Unternehmen investieren zu wenig in die Zukunft 

Eine aktuelle IG Metall-Umfrage unter Betriebsräten von bundesweit 2.596 Firmen zeigt jedoch: Unternehmen investieren in Deutschland zu wenig in die Zukunft. Besonders deutlich wird dies auch in der Region Schweinfurt-Main-Rhön: Laut der Betriebsräte-Befragung investieren über 50 Prozent der Betriebe zu wenig in die Standorte. In über 27 Prozent der Fälle beklagen Betriebsräte in der Region sogar „deutlich zu wenig“ Investitionen. Die Umfrage repräsentiert für Schweinfurt und Umgebung Betriebe aus der Metall- und Elektroindustrie mit zusammengenommen rund 27.000 Beschäftigten.

Statt die gegenwärtigen Herausforderungen aktiv anzugehen, stellen Unternehmen vermehrt Beschäftigung in Frage. 44 Prozent der Betriebsräte in der Region Schweinfurt-Main-Rhön sehen ein „hohes“ oder „eher hohes“ Verlagerungsrisiko von Beschäftigung ins Ausland, genannt werden neben den Produktionsbereichen insbesondere auch Forschung und Entwicklung. Und die Hälfte der Betriebsräte gibt für Schweinfurt und Umgebung an, dass neue Geschäftsfelder bereits im Ausland statt am Standort Deutschland aufgebaut werden oder dass dies konkret geplant ist.

Jetzt sind ambitionierte öffentliche Investitionen notwendig

Auch die jüngsten Haushaltskürzungen der Bundesregierung stehen in Konflikt zu einer angemessenen Planungssicherheit in der Transformation. Jeder fünfte Betrieb (22 %) in der Region beklagt laut IG Metall-Umfrage dadurch negative Auswirkungen auf den Standort. Von der Politik fordert Thomas Höhn verlässliche Rahmenbedingungen: „Statt Schuldenbremse und Sparpaketen brauchen wir einen Staat der Industrie- und Beschäftigungspolitik sowie Klimaschutz zusammendenkt. Jetzt sind ambitionierte öffentliche Investitionen notwendig – in die Infrastruktur, in erneuerbare Energien, in Zukunftsfelder wie Wasserstoff.“ Für mehr private Zukunftsinvestitionen in den deutschen Betrieben fordert die IG Metall außerdem gezielte und zugleich konditionierte Förderungen, die Investitionsanreize mit Beschäftigungssicherung, Standortgarantien, Tarifbindung und den Kriterien guter Arbeit verknüpfen.

 

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