Hiobsbotschaften für die Industriearbeit in der Region Main-Rhön
Dramatische Situation: Unternehmen wollen bis Ende des Jahres Hunderte Arbeitsplätze abbauen

Die Industriearbeit in der Region erlebt Tage voller Hiobsbotschaften: ZF in Schweinfurt und Preh in Bad Neustadt wollen noch 2024 Hunderte Arbeitsplätze abbauen. SKF vollzieht den angekündigten Abbau und Schaeffler will die Arbeitszeit von weiteren rund 2.000 indirekt Beschäftigten absenken.

12. Juni 202412. 6. 2024


„Es fühlt sich gerade wie ein Erdrutsch an“, sagte Thomas Höhn, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Schweinfurt bei einer Pressekonferenz: „Das nehmen wir so nicht hin. Wir verlangen von den Unternehmen, dass sie in diesen rauen Zeiten zu ihren Beschäftigten stehen.“

ZF will am Standort Schweinfurt bis Ende des Jahres mindestens rund 380 Beschäftigte im Bereich der Division E (Elektromobilität und Verbrenner-Technologie) abbauen. Zu befürchten sind weitere Negativnachrichten, denn noch sind die Zahlen für den Gesamtkonzern nicht kommuniziert worden. Mehr als 6.000 Beschäftigte sind am Standort Schweinfurt im Bereich der Elektromobilität und der Verbrenner-Technologie beschäftigt. Im Moment erlebt die Elektromobilität eine Flaute, die Absätze brechen ein und Endkunden präferieren Verbrenner. Hinzu kommt: Auch wenn ZF in der Öffentlichkeit Investitionen am Standort Deutschland beteuert, plant der Konzern nach Informationen von IG Metall und Betriebsrat eine erhebliche Verschiebung der Wertschöpfung im Bereich der Elektromobilität nach Osteuropa.

„Wir gehen in den Widerstand“

Eine Schocknachricht hat am Dienstag auch die Rhön ereilt: Der Automobilzulieferer Preh will 420 Arbeitsplätze am Standort Bad Neustadt an der Saale abbauen, wie den Beschäftigten bei einer sehr kurzfristig anberaumten Mitarbeiterinfo mitgeteilt wurde. Alle Bereiche sollen nach Informationen des Unternehmens betroffen sein, als Begründung werden „schwierige Marktbedingungen und Konkurrenzfähigkeit“ im Bereich der Elektromobilität angeführt. Ein Teil der Arbeitsplätze soll aus Bad Neustadt an andere Preh-Standorte verlagert werden.

Die Beschäftigten zeigten sich nach der Ankündigung völlig überrascht und tief geschockt. Das Ausmaß der Ankündigung ist immens: Sollten tatsächlich 420 Arbeitsplätze wegfallen, würde der Standort um 25 Prozent der Belegschaft schrumpfen. Preh hat angekündigt, zeitnah Gespräche mit dem Betriebsrat über die konkreten Maßnahmen aufnehmen zu wollen. Die IG Metall wird jetzt alles in die Waagschale werfen, um den Beschäftigten zur Seite zu stehen. „Wir gehen in den Widerstand und kämpfen um jeden Arbeitsplatz“, betont Thomas Höhn. Auch Rhön-Grabfelds Landrat Thomas Habermann fordert, dass die Abbauzahl „signifikant nach unten gebracht werden muss“. Nach Eingang der Schocknachricht kündigte der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger einen Besuch in Bad Neustadt an der Saale an.

Investitionsoffensive – und zwar jetzt!

Die IG Metall fordert seit Monaten ein energisches Handeln der Politik: „Wir brauchen jetzt dringend eine Investitionsoffensive“, sagte Thomas Höhn. Zudem erwartet die IG Metall Schweinfurt angesichts der rauen Zeiten für die Industriearbeit in der Region ein Verlagerungsmoratorium von den Konzernen. 

Neue Entwicklungen auch bei Schaeffler

Neue Entwicklungen gibt es auch bei Schaeffler: Das Unternehmen will die Arbeitszeit von weiteren rund 2.000 indirekt Beschäftigten am Standort Schweinfurt für ein Jahr auf 30 Stunden in der Woche absenken, womit erhebliche Entgeltverluste für die Betroffenen verbunden sein könnten. Als Begründung führt das Unternehmen die schwache Auftragslage im Industriegeschäft an. Verhandlungen mit dem Betriebsrat zur Arbeitszeitabsenkung stehen noch aus. „Wir sehen die Schwierigkeiten im Industriegeschäft. Eine Arbeitszeitabsenkung darf aber nicht allein zur Margenabsicherung herhalten, die Bedürfnisse der Beschäftigten müssen berücksichtigt werden“, betont Thomas Höhn, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Schweinfurt. Bereits im April war bekannt geworden, dass bei Schaeffler in Schweinfurt aufgrund sinkender Auslastung ein Freiwilligenprogramm gestartet wird, mit dem 50 Personen aus dem indirekten produktionsnahen Bereich ausscheiden sollen. Die Zahl sollte ursprünglich weit höher liegen. Um den Stellenabbau deutlich zu reduzieren, war damals für rund 700 Schaeffler-Beschäftigte bis Jahresende eine Arbeitszeitabsenkung auf 32 Stunden in der Woche vereinbart worden.

Bei SKF wird die nächste Phase des angekündigten Personalabbaus mit Altersteilzeit am Standort Schweinfurt vollzogen, das Unternehmen hatte 2024 einen Überhang von rund 200 Beschäftigten prognostiziert. Bei SKF gibt es nach wie vor eine hohe Unterauslastung, Gespräche zu Kurzarbeit laufen. In den vergangenen 18 Monaten wurden bei SKF bereits 500 Arbeitsplätze sozialverträglich abgebaut. Diese Arbeitsplätze sind für die Region bereits verloren. Für 2025 ist für den Standort Schweinfurt ein Überhang von weiteren 200 Beschäftigten prognostiziert.

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